Vier Phasen der Gemeinschafts- und Beziehungsbildung

Auf dem Weg der Gemeinschaftsbildung und Beziehungsbildung durchläuft jede Gruppe und auch jede Zweierbeziehung immer wieder vier Phasen.

  1. Pseudogemeinschaft/Pseudobeziehung
  2. Chaos
  3. Leere
  4. Gemeinschaft/Beziehung

Pseudogemeinschaft/Pseudobeziehung: Wenn sich zwei Menschen oder eine Gruppe von Menschen das erste Mal begegnen, zeigen sie normalerweise ihre freundliche, offene Seite. Negative Gedanken und Gefühle, die in der Begegnung ausgelöst werden, werden am Anfang verborgen.

 

Chaos: Verbringen die Menschen mehr Zeit miteinander, kommen sie irgendwann natürlicherweise in die Chaosphase. Das kann unbewusst entstehen, wenn die innerlichen Reaktionen auf einen anderen Menschen so stark werden, dass sie nicht mehr versteckt werden können. Oder bewusst, indem Menschen regelmäßig ihre Beziehungen aufräumen und sich entscheiden, in einer Beziehung oder Gruppe ausgelöste Gefühle und Gedanken transparent zu machen.

 

Leere: Wenn das Chaos ausbricht, ist es irgendwann notwendig in die Leere zu gehen, um den Prozess weiter in Richtung Gemeinschaft und Beziehung zu durchlaufen. Ich erinnere mich an eine Situation, in der ich mit Charlotte gerade frisch in die Chaosphase geschlittert war. Ich weiß gar nicht mehr, was der Auslöser war und um welches Thema es ging, aber jedenfalls saßen wir draußen auf zwei Holzklötzen in der Nähe unserer alten Wohnung zwischen Berghain und Warschauer Straße und waren wütend aufeinander.

 

Leere bedeutet innezuhalten und in sich selbst und dem Konfliktpartner zu lauschen. Ich ging also in die Stille und beobachtete, was in mir vorging. Nach ein paar Minuten bemerkte ich einen energetischen Shift in meinem Inneren und meine Wut verwandelte sich in Trauer. Ich fing an zu weinen und auch Charlotte hatte Zugang zu einer verletzlicheren Schicht in ihr, als die zuerst ausgelöste Wut.

 

Gemeinschaft/Beziehung: Von dieser verletzlicheren Stelle in uns konnten wir anders teilen, Sachen aussprechen und uns einander hören und sehen. Durch die geteilte Verletzlichkeit entstand wieder Verbindung und unsere Beziehung war – schwubs – wieder ein Stück tiefer geworden.

 

Es ist allerdings nicht möglich das Chaos zu umgehen. Ich kann viele Methoden und Konzepte lernen, um bewusster über mein Innenleben zu werden, aber ich werde nicht darum kommen, mich immer wieder nackt zu machen und ins unbekannte, unangenehme Chaos vorzustoßen, wenn ich tiefe Beziehungen haben möchte. Wenn ich das Chaos vermeide, werde ich flachere Beziehung haben und mein Leben wird sich weniger lebendig anfühlen.

 

Das Verrückte ist, dass sich ein richtig großes Chaos immer wieder existenziell anfühlt und es mir so vorkommt, dass die Beziehung auf dem Spiel steht. Auch wenn ich mit einem Menschen oder einer Gruppe bereits solche Prozesse gemacht habe – wenn ich mitten in der Chaosphase bin, sehe ich noch kein Licht am Ende des Tunnels.

 

Trotzdem hilft mir meine Erfahrung natürlich durch den Sturm zu navigieren und zu erkennen, wann es darum geht, mich endlich mal wieder mit meinem unperfekten Innenleben zu zeigen, um bewusst ins Chaos zu gehen und wann es an der Zeit ist innezuhalten und mich mit meiner Verletzlichkeit zu verbinden, damit echte Gemeinschaft und Beziehung entstehen kann.

 

Und unabhängig davon wie wundervoll sich ein Moment von Gemeinschaft und Beziehung anfühlt, kann ich mich darauf verlassen, dass sich bald schon wieder Pseudogemeinschaft und –beziehung einschleicht und sich die Spirale weiter dreht und wir Runde um Runde in eine immer tiefere Verbindung miteinander kommen.

 

Marius

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Kommentare: 2
  • #1

    Belkis Dudek (Mittwoch, 01 Februar 2017 22:00)


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