1. Davon hören, dass es so eine Form des Zusammenlebens gibt
Der erste Schritt meinen eigenen Tribe zu finden, ist davon zu hören, dass es so eine Form des Zusammenlebens überhaupt gibt. Wenn du also gerade die Stirn runzelst und dich wunderst, bist du bei Schritt eins. Was meine ich mit Tribe?
Ich lebe in einem Tribe, der aus aktuell 11 Menschen besteht. In ein paar Wochen beziehen wir als kleine Gemeinschaft ein eigenes Haus, das wiederum in die ZEGG-Gemeinschaft, eine größere Gemeinschaft von etwa 120 Menschen, eingebettet ist. Ich nenne unsere Gruppe einen modernen Tribe, weil ich eine diffuse Vorstellung und Gefühl davon habe, welch intensive Form von Zugehörigkeit und Geborgenheit wohl Menschen erfahren haben müssen, die in einem Stamm vor Beginn unserer Zivilisation gelebt haben oder heute noch in einem Stamm einem der indigenen Völker leben. Und ich nenne unseren Stamm einen modernen Stamm, weil er natürlich voll eingewebt ist in die westliche Zivilisation und es mir nicht darum geht eine alte Form des Stammes wiederherzustellen, sondern mich von ihr inspirieren zu lassen und eine neue, moderne Version davon zu kreieren.
Was unsere Gruppe auszeichnet, ist, dass wir alle ein tiefes Commitement zueinander haben. Seit unserer Gründung vor ungefähr eineinhalb Jahren haben wir als Gruppe und in unseren Zweierbeziehungen untereinander eine Menge Prozesse und Konflikte gehabt, die unsere Verbindung miteinander vertieft und intensiviert haben.
Wir arbeiten bewusst daran eine neue Kultur innerhalb unserer Gruppe zu kreieren. Eine Kultur, in der wir uns wieder trauen alle unsere Gefühle, Angst, Freude, Wut und Trauer ganz zu zeigen, einander tief und aufmerksam zuzuhören, uns anzunehmen wie wir sind und uns gleichzeitig regelmäßig Feedback zu geben, wie wir einander wahrnehmen, um dadurch schneller persönlich zu wachsen. Wir sehen Konflikte als Wachstumschance für die eigene Entwicklung und die Beziehung und steigen aus aus der Idee, dass einer Recht hat und die andere nicht. Stattdessen setzen wir uns dafür ein, dass alle vollständig gehört werden und vertrauen darauf, dass die Verbindung, die dadurch entsteht, dazu führt, dass wir anschließend Lösungen finden, die alle erfüllen.
Das als kleiner Ausschnitt und Beispiel dafür, was ich mit Tribe meine.
2. Tribe als energetischen Zustand von Verbundenheit innerhalb einer Gruppe erfahren
Meine Sehnsucht nach meinem eigenen Tribe und die Energie und Entscheidung mich dafür auf den Weg zu machen, wird nur geweckt, wenn ich selbst Tribe im Sinne eines energetischen Zustandes von Verbundenheit, Intimität und Vertrauen innerhalb einer Gruppe erfahre.
Ich selbst habe 2013 einen fünfwöchigen Gemeinschaftskurs für junge Menschen im ZEGG gemacht und dort so richtig einen Geschmack davon bekommen, in was für einen Zustand von Lebendigkeit, Liebe und Freude eine Gruppe von Menschen miteinander kommen kann. Seitdem hat mich der Gedanke und die Sehnsucht in Gemeinschaft zu leben nicht mehr losgelassen.
Ich denke diese Erfahrung von Gemeinschaft kann überall entstehen, wo gemeinschaftsinteressierte Menschen zusammenkommen. Neben der Möglichkeit Gemeinschaften zu besuchen, gibt es auch in vielen Städten eine Gemeinschaftsszene und entsprechende Veranstaltungen und Gruppen, die sich regelmäßig treffen. Außerdem kann man natürlich Workshops besuchen, in denen es darum geht diese Erfahrung zu machen. Das Vertiefungsseminar, welches wir im März anbieten werden, ist zum Beispiel so eine Möglichkeit.
3. Eine Vision vom eigenen Tribe entwickeln
Wenn ich eine intensive Gemeinschaftserfahrung gemacht habe und meine Sehnsucht geweckt wurde, kann ich eine konkretere Vision davon entwickeln, wie der Tribe aussehen soll, in dem ich leben möchte. Wichtig ist es diesen Prozess nicht alleine zu machen. Zwar muss ich im ersten Schritt alleine einen Traum haben, aber mein Traum wird nur weiter in Richtung Verwirklichung reifen, wenn ich ihn ausspreche und mit anderen Menschen teile.
4. Andere Menschen finden und mit ihnen prozessieren
Ich kann nicht alleine im Tribe leben. Also muss ich andere Menschen finden, die meinen Traum teilen und auf die ich mich einlassen möchte. Um solche Menschen zu finden, ist es notwendig sich in die Gemeinschaftsszene zu begeben. Meiner Erfahrung nach ist es mühselig und vergeblich nicht-gemeinschaftsinteressierte Menschen davon zu überzeugen in Gemeinschaft zu leben. Jeder Mensch durchläuft seinen persönlichen Prozess, der sich nicht beliebig beschleunigen lässt.
Es ist also wichtig bestehende Gemeinschaften aufzusuchen und Orte und Veranstaltungen zu besuchen, wo sich andere Menschen herumtreiben, die daran interessiert sind in Gemeinschaft zu leben. Irgendwann wirst du hoffentlich den ersten Menschen finden, der ebenfalls innerlich beschlossen hat in Gemeinschaft leben zu wollen und auf den du bereit bist dich einzulassen. Wenn du nicht bereit bist dich auf diesen Menschen oder diese Menschen einzulassen, wirst du bei den ersten Konflikten innerlich davonlaufen.
Mit diesen Menschen kannst du einen gemeinsamen Traum von Tribe träumen und dabei deinen persönlichen Traum aufgeben, damit er zugunsten eines größeren Gruppentraumes sterben kann. Dafür finde ich den Traumkreis vom Dragon Dreaming sehr geeignet. Außerdem wirst du auf dem Weg zur Gemeinschaft eine Menge Konflikte haben mit den Menschen, mit denen du dich entscheidest in Gemeinschaft leben zu wollen. Es wird ein paar Mal der Punkt kommen, wo du die Gruppe innerlich verlässt, weil sie nicht deiner Vision entspricht oder Konflikte, wo die Gruppe droht auseinanderzubrechen. Aber wenn du dran bleibst, werden deine und eure Commitements immer tiefer und es steht immer mehr außer Frage, dass ihr zusammen in einem Tribe leben wollt.
Es gibt auch eine Menge Tools und Wissen, die dabei helfen einen Tribe zu bilden, aber davon soll an anderer Stelle die Rede sein. Wenn man sich ein bisschen in der Gemeinschaftsszene herumtreibt, kommt man nicht drum herum Konzepten wie GfK, Possibility Management, Tiefenökologie, Forum, Counseln, Gefühlearbeit, Dragon Dreaming immer wieder über den Weg zu laufen.
5. Schließlich geht es darum einen physischen Ort für euren Tribe zu finden. Ein Zuhause.
Bei der Wahl eures Zuhauses hat natürlich jeder und jede persönliche Vorlieben, wo das physische Zuhause sein soll und wie es beschaffen sein soll. Ich glaube, dass wenn sich eine Gruppe gebildet hat, es so etwas wie einen physischen Gruppenschwerpunkt gibt. Einen örtlichen Bereich, in dem die Gruppe gerade Zuhause ist und innerhalb dessen das physische Zuhause sein kann. Ich denke es ist sinnvoll als Gruppe gemeinsam zu prozessieren, wo dieses Zuhause sein könnte und wie es beschaffen sein könnte und nicht zu versuchen alleine zu entscheiden, wo ich genau leben möchte.
6. Feiern
Du hast einen Tribe gefunden und für den Tribe ein physisches Zuhause :-)
Jetzt könnt ihr ein bisschen zur Ruhe kommen und euch dann noch ausführlicher mit den Themen, gemeinsame Ökonomie, gemeinsame Kinder, freie Liebe und Sexualität, Entscheidungsfindung, Verantwortung, Macht, Kommunikation, Gemeinschaftsbildung, Rituale, Gefühle, Spielen, Kreativität, Spaß, Körper und anderen lebensbejahenden, sinnstiftenden Dingen beschäftigen und euch nebenbei gegenseitig durch Empathie und Transparenz liebevoll in die höchsten eurer Potenziale puschen und euch dabei ganz annehmen wie ihr seid.
Kommentar schreiben